Bewusstsein schärfen

Die Zahl der Organspender ist in Deutschland so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Mehr als 10.000 Menschen brauchen ein Spenderorgan, und sie warten auf eine Niere im Schnitt sechs Jahre.

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Mit zwölf Organspendern auf eine Million Einwohner rangierte Deutschland 2018 im internationalen Vergleich ganz hinten. Die seit 2012 geltende Entscheidungslösung, nach der nur die Personen als mögliche Spender gelten, die einer Entnahme ausdrücklich zustimmen, ist überwiegend wirkungslos geblieben.

Angesichts dieser Zahlen soll die gesetzliche Grundlage für Organspenden geändert werden. In dieser Woche beraten wir in 2./3. Lesung im Bundestag zwei Gesetzentwürfe, die sich bei der Frage, wie die Zahl der Organspender erhöht werden kann, insbesondere durch eine Zustimmungs- oder eine doppelte Widerspruchslösung unterscheiden.

In dem einen Gesetzentwurf soll die Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende gestärkt werden. So soll Bürgern über ein Online-Register die Möglichkeit gegeben werden, ihre Entscheidung einfach zu dokumentieren, jederzeit zu ändern und zu widerrufen.

Die Abgabe einer Erklärung zur Organ- und Gewebespende soll künftig auch in den Ausweisstellen möglich sein. Ferner ist vorgesehen, dass die Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespenden beraten und sie zur Eintragung in das Register ermutigen sollen.

Der andere Gesetzentwurf sieht eine doppelte Widerspruchslösung vor: Möglicher Organ- oder Gewebespender*in ist, wer zu Lebzeiten keinen Widerspruch erklärt hat. Wenn zugleich auch den nächsten Angehörigen kein entgegenstehender Wille bekannt ist, gilt die Organentnahme als zulässig.

Ich habe mich nach vielen Gesprächen im Wahlkreis, u. a. mit Betroffenen und Mediziner*innen, entschieden, für den Gesetzentwurf zu stimmen, der die doppelte Widerspruchslösung vorsieht. Ich bin mir darüber im Klaren, dass das schwierige ethische, rechtliche – auch verfassungsrechtliche – und gesellschaftspolitische Fragen aufwirft. Ich verstehe jede*n, der oder die diesen Paradigmenwechsel nicht vollziehen möchte.

Aber ich sehe auch, dass wir viele Menschen vor dem Tod retten oder ihnen ein besseres Leben ermöglichen können. Durch die Widerspruchslösung bringt man Menschen dazu, sich überhaupt erst die Frage zu stellen, ob sie spenden wollen oder nicht. Ich finde, die Gesellschaft darf verlangen, dass sich ein Bürger sehr bewusst mit der Frage auseinandersetzt, wie er zur Organspende steht.

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