Flüchtlinge dürfen nicht der Spielball Europas sein

Flucht

„Es darf kein 2015 mehr geben!“ mit diesen Worten kündigte der Innenminister Seehofer die Hilfe für das abgebrannte Flüchtlingslager Moira auf der griechischen Insel Lesbos an.

2015 – vor fünf Jahren- ein Grund der massive Anstieg der Bürgerkriegsflüchtlinge, mein Einstieg in die aktive Politik. „Wir schaffen das“ hatte unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel damals gesagt. Und wir haben es geschafft. Nicht in allen Punkten, aber das kann man in fünf Jahren auch eigentlich nicht erwarten. Aber wir konnten 1000nden Flüchtlingen ein Dach über den Kopf geben, Hilfe anbieten. Viele habe sich hervorragend integriert und leben mitten unter uns – mit uns! Wir sind in fünf Jahren viel weiter gekommen mit der Integration, als bei allen Flüchtlingsbewegungen zuvor.

Vor Kurzem ist das Flüchtlingslager Moira vollständig abgebrannt. Ca. 12.500 Flüchtlinge darunter mindestens 4000 Minderjährige, 1000nde alleinreisende Mütter mit ihren Kindern.

Davon sind bereits viele durch die Flucht oder durch die Umstände in einem völlig überfüllten Flüchtlingslager zu sein traumatisiert. Und nun haben diese Kinder und Frauen durch das verheerende Feuer das letzte verloren, was ihnen noch auf der Flucht geblieben ist. Es gibt viele verletzte Kinder, Verbrennungen werden oder können nicht behandelt werden.

Es gibt seit Tagen nichts zu essen und zu trinken – die Versorgung ist noch schwieriger und fast unmöglich geworden. Erste Beobachter von Hilfsorganisationen berichten, das die Flüchtlinge Abwasser trinken. Tagsüber sind heiße Temperaturen, kaum Unterstellmöglichkeiten für so viele. Abends ist es kühl, zu kühl für die Kinder ohne Decken oder Zelt als Schutz.

Und wir in Deutschland diskutieren über eine europäische Lösung? Eine europäische Lösung, die seit fünf Jahren diskutiert wird und es keine gibt, da nicht alle Länder/Staaten bereit sind Flüchtlinge aufzunehmen.

Mit ein Grund, warum die Lage in Moria so eskaliert ist. Ein völlig überfülltes Camp, viermal so viele Menschen, wie dort eigentlich versorgt werden können. Und dazu kam nun noch Covid -19. Angst, Wut über die ausweglose Situation und die an währende Hoffnungslosigkeit waren die Brandstifter.

Kann sich jemand von uns nur annähernd vorstellen, was es bedeutet Monate oder Jahre in einem Notlager auszuharren, das nur für 2500 Menschen und wenige Wochen Aufenthalt gedacht war?

Die Aussage von Herrn Seehofer: 100-150 Minderjährige können nach Deutschland umsiedeln, aber nur, wenn andere Mitgliedstaates dies auch tun. Wenn wir dies allein machen, wäre es eine Einladung für alle nach Deutschland zu kommen. 2015 darf sich nicht wiederholen!

Diese Aussage hat mich geschockt. Wir haben doch alle seit 2015 unsere Hausaufgaben gemacht. Niemand kommt heutzutage unkontrolliert über eine Grenze nach Deutschland. Wovor hat der Innenminister Angst?

Und welches Gefühl haben all die Kinder, alleingeflüchteten Frauen mit ihren Kindern, wenn nur wahlweise 400 Moria verlassen dürfen? Aber weitere Schutzbedürftige in dieser Ungewissheit einer europäischen Lösung ausharren müssen.  Dies kann und darf nicht die humanitäre Lösung für uns sein!

Wir müssen doch gerade jetzt alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Unterbringung öffnen und so viele wie möglich der 3500 nach Deutschland umsiedeln. Zahlreiche Städte und Kommunen deutschlandweit haben sich bereits dazu erklärt, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen.

Von daher konnten wir einem Dringlichkeitsantrag zusammen mit den Grünen, CDU, SSW nur zustimmen und konnten diesen aber dahingehend erweitern, dass der Landrat sich bitte mit den Kommunen und Ämtern im Kreis Rendsburg-Eckernförde abstimmt, welche Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden können um weitere schutzbedürftige Flüchtlinge im Rahmen von humanitären Programmen des Bundes und des Landes aufzunehmen.

Ich kann nur an jeden appellieren, sich dafür zu öffnen , die unsägliche Situation für die schwächsten zu ändern. Kinder und schutzbedürftige Flüchtlinge dürfen nicht länger der politische Spielball von Europa sein.

Mehr zum Antrag gibt es hier.

Die Autorin:

Katja Seifert, Jahrgang 1974, aus Hamdorf ist seit 2018 Kreistagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Schule, Sport, Kultur und Bildung. Aktuell ist sie ebenfalls Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt der SPD in Rendsburg-Eckernförde.